EIN STADTBUS FÜR HANNOVER
Von James Irvine
HANNOVER - Im Jahre 1996 wurde ich von Peter Ruthenberg, dem DesignConsultant der üstra, zum Mittagessen eingeladen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt keine Ahnung, worüber er mit mir reden wollte und war ziemlich überrascht, als er mich und mein Studio einlud, an einem Projekt für einen neuen Stadtbus für Hannover zu arbeiten.
Anfangs war es gar nicht klar, wie das Projekt überhaupt zu entwickeln wäre, aber der Wunsch war vorhanden. Die Erfahrung, die die üstra mit der Entwicklung der neuen von Jaspar Morrison konstruierten Stadtbahn gewonnen hatte, hatte gezeigt, daß es wirklich Möglichkeiten gibt, innovative Konzepte für den öffentlichen Transport zu entwickeln. Da eine ganze Busflotte in Hannover unbedingt ersetzt werden mußte, war dies eine einmalige Gelegenheit, die Möglichkeiten für den Stadtbus zu testen.
Mein erster Ansatz für das Projekt bestand darin, zu analysieren, welche grundsätzlichen Verbesserungen an der Konstruktion des Stadtbusses vorgenommen werden sollten. Es wurde eine Reihe von Konstruktionsparametern entwickelt. Eines der wichtigsten Ziele bestand von Anfang darin, die Bequemlichkeit der Kunden zu verbessern. Ich sagte "Kunden" statt "Passagiere", weil dieses Transportsystem gegen die Konkurrenz anderer Verkehrsmittel zu kämpfen hat - vom Fahrrad bis zum Auto.
Bequemlichkeit der Kunden bedeutet nicht nur, daß man es auf dem Sitz bequem hat. Es ist die gesamte Erfahrung beim Warten, Einsteigen, Reisen und Aussteigen. Der Gesamteindruck des Fahrzeugs ist ebenfalls wichtig, um diesen Service ein positives Image zu verleihen.
Moderne Stadtbusse sind Niederflurbusse. Das ist ein großer Fortschritt - das Ein- und Aussteigen ist für die Fahrgäste viel leichter. Jedoch hat man sich bei der Anordnung im Inneren der Busse meist auf die Sitze konzentriert und den "Bewegungsfluß" vernachlässigt. Das Verhältnis zwischen der Anordnung der Sitze und der Position der Türen ist wichtig für den reibungslosen Fluß innerhalb des Busses. Beim neuen Stadtbus wurde dieser Faktor besonders berücksichtigt. Es gibt neue Türen, und die Anordnung der Sitze ermöglicht eine Menge Bewegungsspielraum. Daraus ergeben sich noch weitere Vorteile in bezug auf Sicherheit, Vandalismus, weil alle Teile des Innenraums gut sichtbar sind.
Das war das beherrschende Konzept, das von der üstra beim ersten Entwurf aufgrund seiner konkreten Vorteile für die Fahrgäste positiv bewertet wurde. Mercedes-Benz EvoBus hielt sich peinlich genau an dieses Konzept, als sie dieses Design entwickelte, wobei das Unternehmen sich bewußt war, daß die eigentliche Innovation in diesem kritischen Punkt besteht.
Viele neue Komponenten wurden für den neuen Stadtbus entwickelt. Ein neues Sitzsystem, das die Sitze zu durchgehenden Elementen kombiniert, reduziert die visuelle Komplexität des Innenraums. Besondere Aufmerksamkeit widmete man den Dingen, die der Fahrgast "begriff". Man entwickelte ein neues System von Handgriffen mit einem intergrierten Halteknopf, und die Handgriffe wurden mit Leder versehen. Das sind die Teile, mit denen die Fahrgäste in direkten Kontakt kommen. Sie sind daher von großer Bedeutung.
Der Innenraum wurde mit einer vollkommen neuen Farbkombination mit einer warmen, neutralen Tendenz ausgestattet. Für die Sitze wurde ein neuer Stoff entwickelt.
Die Auslegung des Innenraums des neuen Stadtbusses unterstreicht bewußt dessen Identität. Der Ummantelung des Chassis wurde mit neuen Karosserieteilen ein glatteres Aussehen verliehen, so daß das gesamte Äußere weicher wirkt. Die Fenster wurden individueller gestaltet, um den Blick auf sie zu lenken. Alle Glasteile wurden fluchteben zum Chassis montiert, um der Form ein sauberes Aussehen zu verleihen. Die gesamte Form wurde so gestaltet, daß sie eher wie ein Objekt wirkt, und nicht so sehr wie ein Kasten.
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